Quer über den größten Gletscher des Himalaya
Um zum Cho La zu kommen müssen wir den Ngozumba Gletscher, den größten Gletscher des Himalaya überqueren. Wir folgen den Steinmänchen, die als Wegmarkierung dienen. Zunächst müssen wir an der Innenseite der Seitenmoräne hinunterklettern, dann sind wir auf dem Gletscher. Vom Eis ist nur wenig zu sehen. Die Oberfläche ist mit Sand, Kies und Felsen bedeckt, die der Gletscher talwärts befördert. Der Weg auf dem Gletscher ist recht einfach nur gelegentlich sind einige Blöcke zu überwinden. Die Seitenmoräne auf der anderen Seite ist da schon interessanter. Hier scheint die Sonne kräftig hinein und sorgt für andauernden Steinschlag. Also Ohren auf und Blick nach oben und blos nicht stehenbleiben. Auf der Seitenmoräne angekommen haben wir nocheinmal einen letzten Blick auf den Cho Oyu.
Über den Cho La zum Khumbu Gletscher
Heute gilt es, der Cho La ist zwar nur 5368 m NN hoch, aber er hat einen sehr steilen Anstieg über Schnee und Eis sowie im Abstieg eine Kletterstrecke von ca. 100 Höhenmetern. Zudem hat es in der letzten Woche viel Neuschnee gegeben was die Sache nicht unbedingt erleichtert. Um 5 Uhr gehen wir los und erreichen nach 2 Stunden den Höhenzug vor dem eigentlichen Pass. Hier liegt viel Schnee, also Steigeisen an und hinauf. Dann kommt die erste Kletterei über eine Moräne bevor wir den eigentlichen Anstieg erreichen. Als wir das erste Drittel geschaft haben schlägt das Wetter um. Statt blauen Himmel haben wir jetzt dicke Wolken mit leichten Schneefall. Schade keine Sicht vom Pass. Um 11 Uhr sind wir oben. Wir haben ordentlich Puste gebraucht und freuen uns auf den recht leichten Abstieg. Über den Gletscher geht es leicht und auch die Kletterstrecke ist kein großes Problem. Dann sind wir schon im Tal von Dzonglha unserem Ziel. hier liegt aber viel weicher Schnee und da es flach ist müssen wir richtig kämpfen. So sind wir ziemlich geschafft als wir unsere Lodge erreichen.
Von Dzonglha nach Lobuche
Nach der Querung des Cho La gönnen wir uns heute einen leichten Tag zur Erholung. Es geht nur entlang des Chola Khola und um den Awi Peak nach Lobuche am Khumbu Gletscher. Lobuche liegt auf 4910 m NN nur knapp 100m höher als Dzonglha am Cho La. Der Weg ist daher Nepali Flat - ein bischen hinauf, ein bischen hinunter - über Schneefelder, matschige Strecken und etwas Felsen. So richtig gemühtlich. Der Ausblick in das Khumbu Tal und auf den Ama Dablam ist großartig und nach 4 Stunden sind wir auch schon in Lobuche und haben den ganzen Nachmittag Ruhe. Es hat angefangen zu schneien, hoffentlich ist es morgen wieder schön.
Von Lobuche nach Gorak Shep
Es geht entang der Moräne des Khumbu Gletschers aufwärts. Immer wieder treffen wir schwer beladene Yak's, die Lasten Richtung Everest Base Camp tragen. Hier auf diesem Weg sind auch viele Reisegruppen unterwegs. Die haben es durchweg eilig und legen jeden Tag große Distanzen mit entsprechenden Höhenmetern zurück. Sehr gefährlich! Hier auf dieser Höhe, so um die 5000m NN, gehen wir sehr langsam. Nach ca. 2 Stunden relativ ebener Strecke erreichen wir den Anstieg zum Gorak Shep Pass. Es geht steil über Blöcke und Geröll auf einem schmalen Pfad hinauf. Wenn Lastenträger (Porter) von oben kommen oder überholen wird es eng. Von der Höhe aus sehen wir den gewaltigen Khumbu Gletscher. Die hohen Berge sind leider durch Wolken und Nebel verdeckt. Schade. Gorap Shep ist das alte Basislager der Schweizer Everest Expedition von 1953. Hier finden wir Platz in der "Snow View Inn Lodge".
Schweres Erdbeben auf dem Weg zum Everest Base Camp
Es ist früher Nachmittag und da ruhiges Wetter ist machen wir noch einen kleinen Spaziergang, ohne Gepäck, Richtung Everest Base Camp. Es geht über den ausgetrockneten See von Gora Shep zum Denkmal für die am Everest verunglückten Bergsteiger und dann über die erste Seitenmoräne hinunter in ein kleines Tal, vor der eigentlichen Seitenmoräne des Khumbu Gletschers.
Auf einmal hören wir ein fernes Grollen aus Richtung Everest Base Camp. Lawinenabgang, aber es wird
immer lauter, als ob ein ganzer Berghang abrutscht. Dann schwankt der Boden unter unseren Füßen - Erdbeben - schnell den
Blick nach oben und da rollen auch schon die ersten Steine auf uns zu. Vor uns liegt ein riesiger Felsbrocken, er bewegt sich
glücklicherweise nicht, also schnell dahinter so gut es geht. Jetzt kommen zwei ganz heftige Stöße, wir können kaum noch
stehen und rechts und links von fallen Steine auf den Trek. Es schwankt weiter als wir eine rießengroße weiße Wolke vom
Gletscher auf uns zu kommen sehen. Lawine - Lawinenstaub - Schnee? Wir ducken uns an den großen Felsen. Heftiger Sturm
weht eiskalt über uns hinweg, dann fällt Schnee auf uns. Nach kurzer Zeit liegen fast 10 cm Schnee auf uns, dann läßt der
Spuk nach. Als wir den Schnee von unseren Brillen gewischt haben und wieder schauen können, sehen wir wie sich andere
Wanderer aus dem Schnee befreien. Vom Trek ist nichts mehr zu sehen. Wir verständigen uns, glücklicherweise ist niemanden
in unserer Umgebung etwas passiert, so gehen wir schnellstmöglich zurück nach Gorak Shep.
Die Lage ist hier völlig unklar, niemand weiß etwas. Viele Leute sind noch auf dem Weg zum Everest Base Camp, doch nach
und nach kommen die Menschen zurück, darunter auch viele die wir von unserem Weg her kennen. Ein Teil der Guides der Reisegruppen
geht als Suchtrupp Richtung Everest Base Camp. Gegen späten Nachmittag treffen von dort die ersten Bergsteiger ein. Es
werden immer mehr und es sind einige Verletzte dabei. Es werden Ärzte gesucht und gefunden, welche deren Versorgung
übernehmen. Absteigen nach Lobuche ist nicht ratsam, da auf dem Weg Steinschlaggefahr besteht und es bereits ein heftiges
Nachbeben gegeben hat.
Gegen Abend gibt es Mobiltelefonverbindung und wir erfahren so nach und nach was geschehen ist. Schweres Erdbeben, westlich von
Kathmandu, viele Lawinen am Everest Base Camp und sehr viele vermisste Bergsteiger. Wir nutzen die Gelegenheit Textnachrichten
nach Deutschland zu schicken, denn es wird bereits in den Europäischen Nachrichten berichtet.
Unsere Lodge ist jetzt brechend voll,
draußen werden Zelte aufgebaut und die Gerüchteküche brodelt. Es wird dunkel, keiner kann mehr etwas unternehmen. Wir sprechen
mit anderen Wanderen, die wir bereits vom Weg her kennen, und entscheiden, falls möglich, morgen früh abzusteigen. Wir wollen Platz
schaffen für die Leute aus dem Base Camp, da wir ohnehin nicht über die Ausrüstung verfügen, um auf dem Gletscher helfen zu können.